150 Tage ohne Alkohol
Die Idee zu den 150 Tagen ohne Alkohol wurde am 1. Januar geboren. Ich stand, wie wahrscheinlich der Großteil der Menschheit, mit einem heftigen Kater auf. Eigentlich stand ich nur auf, um zwischen dem Bett und der Toilette zu wechseln. An diesem Tag betrachtete ich mich im Spiegel und erkannte mich selbst nicht mehr. Hätte man meinem früheren Ich ein Bild gezeigt, wie ich aussehen würde, würde er es wahrscheinlich niemals glauben. Denn schließlich dachte ich früher, ich könnte niemals Zunehmen und auch die Lust am Sport würde mir niemals vergehen. Aber dem war leider nicht so. Regelmäßige Fast Food-Ernährung und ca. einen Tag pro Woche feiern hinterlassen eben ihre Spuren.
Das letzte Jahr trieb ich es dann auf die Spitze. Allein da nahm ich 15 kg an Gewicht zu und kam auf stolze 107 kg! Häufige Magenbeschwerden und die Trägheit und Faulheit, die dazukamen, wurden mir langsam zu viel. Vielleicht trug aber auch das Studium einen großen Beitrag zur Faulheit bei?
Naja, es musste sich was ändern und dieses Experiment wurde geboren. Wieso es genau 150 Tage und nicht 30, 60 oder 100 sind? Weil ich mir mein Lieblingsfestival “Rock am Ring” als Enddatum auswählte.
Ich wollte in den 150 Tagen Gewicht verlieren, fitter werden, meine Magenbeschwerden beseitigen und den Tag über produktiver werden.
Gewicht — 14 Tage ohne Alkohol
Bereits nach zwei Wochen merkte ich, wie sich mein Appetit auf Fast Food verringerte und ich mich mehr bewegen wollte. Ich nahm in den 150 Tagen ohne Alkohol stetig ab und konnte mein Gewicht von 107 kg auf 95 kg drücken. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich in dem Zeitraum insgesamt 30 Mal im Fitnessstudio war, ab und zu Joggen war und auch zwei Diäten (Eier-Diät & Keto-Diät) absolviert habe.
![](http://andyroll.com/wp-content/uploads/2019/07/Gewicht.png)
Gestiegene Produktivität — 14 Tage ohne Alkohol
Nach zwei Wochen merkte ich auch einen deutlichen Anstieg meiner Produktivität. Ich war nicht mehr den ganzen Tag müde und konnte viele Sachen, die ich mir vornahm, erledigen. Leider spürte ich diesen Effekt nicht jeden Tag. Es gab im Laufe des Experiments Hoch- und Tiefpunkte in dieser Hinsicht. Produktiver als davor war ich aber mit Sicherheit.
Besserer Schlaf — 21 Tage ohne Alkohol
Mein Schlaf wurde nach drei Wochen ohne Alkohol besser und erholsamer. Ich konnte länger durchschlafen, ohne wach zu werden. Obwohl es bis heute immer noch nicht perfekt ist, da ich schon seit Jahren keinen tiefen Schlaf mehr bekomme. Ich werde beim kleinsten Geräusch immer sofort wach und so kommt es, dass ich mehrmals pro Nacht aufwache und Schwierigkeiten habe, direkt danach wieder einzuschlafen.
Bessere Haut — 30 Tage ohne Alkohol
In den ersten Tagen wurde meine Haut deutlich schlechter. Sie wurde fettiger und es kamen vermehrt Pickel zum Vorschein. Wie von heute auf morgen besserte sich meine Haut nach einem Monat. Bis zum Ende des Experiments erlebte ich keine Hautunreinheiten mehr. Wobei ich auch hier dazu sagen muss, dass ich öfter auf Fast Food verzichtete, was wahrscheinlich zum besseren Hautbild beigetragen hat.
Leberwerte — 3 Monate bis zur vollständigen Regeneration
Ich war neugierig, ob das ganze Fast Food und die langen Partynächte einen Effekt auf meine Leberwerte gehabt hatten. Also ging ich kurz nach Silvester zum Arzt und ließ sie bestimmen. Ich war nicht erstaunt, als ich sah, dass zwei von drei Leberwerten erhöht waren und einer an der Grenze war.
Wie man an der unteren Tabelle erkennt, befinden sich bereits nach einem Monat zwei der drei Leberwerte wieder im Normalbereich, während der dritte Wert um ca. 20% gesunken ist. Nach drei Monaten befindet sich auch der GPT-Wert, der sich immer am langsamsten regeneriert, wieder im Normalbereich. Nach vier Monaten sind alle drei Leberwerte deutlich unter dem Normalbereich und meine Leber arbeitet jetzt besser als jemals zuvor.
![150 Tage ohne Alkohol: Verbesserung der Leberwerte](http://andyroll.com/wp-content/uploads/2019/07/Leberwerte.png)
Immunsystem — Keine Veränderung
Das mein Immunsystem ohne Alkohol besser oder schlechter wurde, kann ich nicht behaupten, da ich ohnehin sehr selten krank werde. Zumindest wurde ich es nicht einmal in den 150 Tagen ohne Alkohol.
Kater — Erster Tag mit Alkohol
Am 151sten Tag veranstaltete ich eine kleine Feier zum Abschluss des Experiments. Ich war gespannt, wie schnell ich betrunken werde und wie stark der Kater am nächsten Morgen sein wird. Bereits nach dem ersten Glas “Bloody Mary” bemerkte ich den Alkohol. Ich wurde beschwipst. Und mit den nächsten Gläsern wurde ich auch ziemlich schnell betrunken.
Nach dem Ausschlafen stand ich ohne Probleme oder Schmerzen auf und fühlte mich als wäre ich die letzte Nacht, ohne zu feiern schlafen gegangen.
Darüber war ich sehr zufrieden gewesen und ich wünsche mir, dass dieser Effekt länger anhalten würde.
Welche Nachteile gab es in den 150 Tagen ohne Alkohol?
Es gab in dieser Zeit ein paar Nachteile, die ich für mich festgestellt habe. Ich merkte, dass mir nicht das Trinken an sich fehlt, sondern die Verbindung, die man während dem Trinken mit den Mitmenschen aufbaut.
Ich habe immer das Gefühl, wenn ich jemand Neues kennenlerne oder jemanden lange nicht gesehen habe, dass zwischen uns eine kleine Barrikade besteht und dass die Gespräche meist oberflächlich sind. Sobald man aber mit dieser Person trinkt, entwickelt man eine stärkere Verbindung, die schwer in Worte zu fassen ist. Allein das Anstoßen trägt dazu bei, diese Barrikade aufzubrechen. Man vertraut sich der anderen Person mehr an und redet vielleicht über Sachen, die einem auf der Seele liegen und die man sonst nicht erzählen würde. Dadurch kann man seine Seele mal entlasten und fühlt sich dadurch wohler.
Natürlich kann man das Ganze auch ohne Alkohol erreichen. Ich machte aber die Erfahrung, dass es ohne länger dauert als mit.
Auch bemerkte ich, dass ich dem Alkohol viel öfter die Schuld für Sachen gegeben habe, für die es nicht verantwortlich war. Ich hatte nach dem Feiern immer ein Gefühl der Trägheit am nächsten Tag. Genau dasselbe hatte ich aber auch, wenn ich ohne Alkohol lange feiern war. Und wenn ich in der Nacht etwas Ungesundes gegessen habe, dann tat mir auch am nächsten Tag mein Bauch weh.
Einen weiteren Nachteil bemerkte ich in meinem Kroatien-Urlaub. Überall sah ich Schilder mit der Werbung: “Wenn du Kroatien richtig erleben willst, dann musst du das trinken, was die Kroaten trinken.”
Als ein Mensch, der gerne alles erleben will, nahm ich mir diese Werbung zu Herzen und hatte die ganze Zeit das Gefühl gehabt, einen wichtigen Teil der Kultur nicht erfahren zu können. Denn für mich sind Essen und Trinken ein wichtiger Bestandteil der Kultur eines Landes.
Wie schwierig war es?
Die 150 Tage ohne Alkohol sind für mich wie im Flug vergangen und es war relativ einfach gewesen durchzuhalten. Beim Feiern musste ich nur daran denken, wie viel Geld ich spare und daran, wie ich am nächsten Tag ohne Kater aufwachen würde und schon verging mir die Lust auf den Alkohol. Außerdem war ich dauerhaft durch die positiven Körperveränderungen motiviert gewesen. Ich erlebte wenige schwache Momente. Erst sobald die Temperaturen stiegen und vor allem sobald gegrillt wurde, erwischte ich ein Verlangen nach einem kühlen Bier. Spätestens sobald ich aber zu Hause war, verschwand dieses Verlangen wieder.
Wie geht es jetzt weiter?
Jetzt, fast einen Monat nach dem Ende des Experiments, habe ich deutlich weniger Lust auf Alkohol als davor. Ich habe nun vor, das Trinken auf größere Feiern und Geburtstage zu beschränken und mich am Wochenende öfter mal auszuruhen. Auf ein, zwei Bierchen zu einem schönen Steak werde ich aber nicht immer verzichten.
Fazit von 150 Tagen ohne Alkohol
Ich sah bei mir nie wirklich ein Problem mit dem Alkohol, da ich niemals allein oder täglich trank oder gar mit dem Gedanken aufwachte: “Ich werde diesen Tag nicht ohne Alkohol überstehen können.”, was für mich übrigens einen Alkoholiker ausmacht. Trotzdem bemerkte ich die o.g. Veränderungen an meinem Körper. Meine Erwartungen wurden erfüllt und ich verlor deutlich an Gewicht und meine Produktivität stieg an.
Ich habe gelernt, dass man nicht immer mit dabei sein muss, wenn deine Freunde irgendwo feiern gehen und dass es auch gut sein kann den Sonntag zu genießen und nicht verkatert zu sein. Das Experiment zeigte mir auch, dass die positiven Effekte bereits nach einem Monat ihren Höhepunkt erreichen und spätestens nach drei Monaten auch die Leberwerte wieder im Normalbereich sind. Ab sofort werde ich jedes Jahr im Januar so eine Pause für mich einschieben.